Wer? Ich?

Was braucht man zum erfolgreichen Backgammonspiel?

Erfahrung?

Strategie?

Mathematik?

Alles nicht unwichtig. Aber zu einem richtig guten Spiel gehört

Schummeln!

Eine der wohl seltsamsten Regeln im Backgammon ist, dass auch irreguläre Züge gültig sind wenn der gegnerische Spieler nicht rechtzeitig protestiert. Dass diese Regel nicht nur Hinterhofspieler und Kaffeehaussitzer zum Schummeln einlädt, zeigt eindrücklich eine Partie zwischen Ryzymann (das ist der Rasierte) und Mathiesen (das ist der Unrasierte ) in den Finalspielen der Nordic Open, immerhin ein Turnier der World Series of Backgammon, im Jahr 2008.

Nachdem Ryzymann sich in der verschwurbelten Aktion bei 1:14 die Finger aufgewärmt und erste Konfusion verursacht hatte, griff er beim Herausspielen tief in die Schummelkiste und spielte beim Wurf von 6 und 4 mit großer Lässigkeit seine Steine von der 6 und der 5 heraus (bei 3:42).
Mathiesen hibbelte bereits dermaßen rum, dass er das gegnerische Spiel aus dem Auge verlor und nichts bemerkte.
Chapeau!

Gutes Schummeln

Seit Wochen übe ich mich nun schon im guten Schummeln und liebe Leute lasst euch sagen — mit Erfolg. Auf der mir ansonsten unbekannten Webseite →backgammonmasters.com habe ich die naive Einschätzung gelesen, es gebe „nicht viele Möglichkeiten wie ein Backgammonspieler schummeln kann.“ So ein Blödsinn. Da hat jemand Null Ahnung. Weitaus mehr Lebenserfahrung bringt der Autor der folgenden Zeilen mit, der auf →play65.com dem analogen Zeitalter nachtrauert:

Alles was ein Spieler zum erfolgreichen Schummeln beim Backgammon brauchte war ein fixes Händchen, schnelles Denken und das Vermeiden von Spielen gegen Spieler von ähnlichem Schlag oder solche die extrem misstrauisch sind. Überflüssig darauf hinzuweisen, dass aufmerksame Beobachter erfolgreichen  Schwindeleien ebenfalls nicht dienlich sind. In freundschaftlichen Spielen ist der Nachweis des Schummelns äußerst schwierig, da in der Abwesenheit eines Schiedsrichters oder anderer Autoritäten, die über die Einhaltung der Regeln wachen, jeder Fehler als harmlose Verwirrung angesehen werden kann.

Der Mann kennt sich aus. Und wie schummelt man nun am Besten?
Ich sehe vier Möglichkeiten. Wer noch mehr kennt, bitte her damit!

  1. Den Würfel manipulieren.
  2. Sich ganz harmlos „verzählen“. Das ist das Unschuldsschummeln.
  3. Die Würfel vom Brett nehmen und eine Diskussion über die Augenzahlen vom Zaun brechen. Das ist die Augenzahlwischerei.
  4. Den Gegner mit Mitteln der Küchenpsychologie ablenken.
Den Würfel manipulieren, puh, heftig, das überlasse ich den armen Spielsüchtigen. Das ist mir zu fixiert.
Badass

Bild 1: Wer? Ich?

Unschuldsschummeln und Augenzahlwischerei sind da viel spaßiger weil sie Kreativität und Schauspielkunst verlangen. Meine bevorzugten Methoden! Beim Undschuldsschummeln kann man ein wenig unbeholfen mit den Steinen hantieren und mit wildem Steinerumschieben für Verwirrung sorgen (unbedingt beide Hände benutzen), nichts gesehen haben wollen (Oh, entschuldige.), den Regelunkundigen geben (Echt jetzt?), Entrüstung vortäuschen (Also sowas!).
Die Augenzahlwischerei funktioniert freilich nicht unter Turnierbedingungen, wo jeder Spieler sein eigenes Würfelpaar hat. Ein gutes Argument nur ein Würfelpaar zu benutzen. (Ach komm schon. Ist das denn wirklich nötig?) Und immer schön freundlich sein. Überhaupt ist beim Schummeln unbedingt eine betont lässige Attitüde angeraten (siehe oben) oder aber viel lachen und mächtig viel erzählen. Erzählen erzählen erzählen. Dem Gegner Getränke anbieten. Möchtest Du vielleicht noch ein Nüsschen?

Und da sind wir schon bei der Küchenpsychologie.  Herrlich! Aber schwierig. Auf eine perfekt getimete Dramaturgie ist unbedingt zu achten. Das distraktierende Thema muss langsam und durch die Hintertür eingeschleust werden — Und? Wie gehts Deiner Frau? — und parallel zur Entwicklung des Spiels, falls nötig auf Umwegen — Ich kenne euch ja nun schon ne ganze Weile. Weißt Du noch vor vier Jahren bei dem wie heißt er noch? —  aber immer stetig — Genau, und eine ganz ausgezeichnete Feier war das. War für alle was dabei. — zum Klimax gesteigert werden — Ich habe sie ja letztens gesehen. — um dem Gegenspieler im spielentscheidenden Moment — Ach, da warst Du auf Dienstreise? —  den mentalen Todesstoß zu verpassen — Hum, das sah aber nach was anderem aus. —
Ansonsten gilt auch für Backgammonspieler: Erst mit einer guten Rasur bist Du ein echter Mann.

Anmerkungen und so

Souveräner Sieger im 1. Konstanzer Neujahrsturnier

Am 18. Januar 2014 fand im Café Exxtra das 1. Konstanzer Neujahrsturnier im Backgammon statt.  Es nahmen acht Spieler teil, der Sieger wurde im Schweizer System ermittelt. (Die Turnierregeln können hier eingesehen werden.)

Vier Siege in vier Runden

Mit vier Siegen in vier Runden wurde Peter, einem aus dem Skiurlaub mitgebrachten Handicap zum Trotz, mit links der unangefochtene Sieger des Tages. Verdient nahm er als 1. Preis ein kleines aber reichlich verziertes Backgammon-Brett Made in Iran mit nach Hause (Bild 1).

Bild 1 - Peter gewinnt souverän das Neujahrsturnier 2014

Bild 1: Peter gewinnt souverän das Neujahrsturnier 2014.

Die Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der gespielten Matches:

Die Ergebnis-Matrix

Tabelle 1: Die Ergebnis-Matrix.

Aufgrund der vergleichsweise geringen Anzahl gespielter Runden machte sich im Endergebnis ein bekannter Effekt des Schweizer Systems stark bemerkbar: Das Mittelfeld liegt irre nah beieinander. Von acht Spielern haben sechs Spieler nach vier Runden je zweimal gewonnen und verloren. Im gewählten Modus (→Turnierregeln ) ergab sich folgende Rangliste:

Tabelle 2: Das Endergebnis.

Tabelle 2: Das Endergebnis.

Ich möchte mich bei allen Teilnehmenden für das tolle Turnier und die sehr angenehme und lockere Stimmung bedanken. Wenn ich es nicht völlig falsch verstanden habe, freuen sich alle bereits auf das nächste Turnier, das wir im Juni oder Juli veranstalten wollen. Dann im Biergarten.

Teilnehmer

Bild 2 (v.l.n.r.): Claudia, Sebastian, Peter, Homa (vom örtlichen Supporters Club), Farzad, Lucian, Hermine, Shadi, Jochen.

In secta Decii voluntas mea est

Backgammon à la Benedictbeuren

Bild 1: Aus der Benedictbeurener Handschrift der Carmina Burana.

Bild 1: Aus der Benedictbeurener Handschrift der Carmina Burana.

In meinem ersten blog zeigte ich beiläufig eine Darstellung des Wurfzabelspiels aus der Benedictbeurener Handschrift der Carmina Burana (Bild 1). Ich schrieb damals, dass ich 34 Steine zähle und dass ich die Stellung auch aufgrund der mir unbekannten Regeln des Wurfzabelspiels nicht weitergehender untersuchen könne. Daraufhin kümmerte ich mich nicht weiter um diese Abbildung.

Nun klickte ich mich letztens durch Webseiten über mittelalterliche Tric-Trac- und Wurfzabelspiele und fand mich endlich um folgende Erkenntnisse bereichert:

  1. Man spielte mit 3 Würfeln.
  2. Es gab keine Startaufstellung der Steine, sondern diese mussten ins Brett hineingespielt werden.
  3. Die Spieler spielten ihre Steine gegenläufig um das Brett herum nach Hause, so wie beim modernen Backgammon auch.
  4.  Die genaue Anzahl der Spielsteine ist unbekannt.

Ich kehrte daraufhin zur Wurfzabelabbildung aus den Carmina Burana zurück und stellte mir die Verteilung der Steine in meinem Backgammonbrett dar:

Bild 1: Verteilung der Steine im Wurzabelspiel der Benedictbeurener Handschrift der Carmina Burana

Bild 2: Verteilung der Steine.

In Bild 1 sind die Steine nicht unterschiedlich gemustert oder farblich unterschieden, sodass die Zuordnung der Steine zu den beiden Spielern Spekulation bleiben muss. Ich will den Versuch der Rekonstruktion der konkreten Spielsituation dennoch unternehmen, wobei ich ergänzend zu meinen vier Erkenntnissen einmal plump von der Gültigkeit der wesentlichen heutigen Backgammonregeln ausgehe.

Rekonstruktion der Spielsituation

Angesichts von 34 im Brett erkennbaren Steinen und da keine weiteren Steine neben dem Brett oder auf der bar liegen, gehe ich von 17 Steinen pro Spieler aus. Aufgrund meiner 2. Erkenntnis gehe ich davon aus, dass die Partie bereits recht fortgeschritten ist. Denn egal ob die Spieler ihre Steine „von links“ oder „von rechts“ ins Brett hineingespielt haben, befinden sich bereits 17 Steine im Außenfeld. Eine Endphase wiederum ist auch nicht auszumachen (wenn nicht die Steine auf Punkten 1 bis 6 alle demselben Spieler zuzuordnen sind, was auf eine eindeutige Partie hindeuten und damit die Verteilung der restlichen Steine sehr unwahrscheinlich erscheinen lassen würde), sodass ich von einem mehr oder weniger geordneten Mittelspiel beider Parteien ausgehe. Wenn die Strategien der Spieler auch nur annähernd dem ähneln, was wir heute so spielen, kann man schlussfolgern, dass der rechte Spieler im Uhrzeigersinn spielt und sein Heimfeld linkerhand vor sich hat. Entsprechend spielt dann der links sitzende Spieler gegen den Uhrzeigersinn und hat sein Heimfeld rechts vor sich. Hierfür spricht die Häufung von Steinen auf den Feldern, die in Bild 2 mit 12 und 13 benannt sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Spieler im Wurfzabelspiel, wo es keine Startaufstellung gab, die Bedeutung dieser Mittelpunkte für ihr Spiel erkannt haben; als man sich dann irgendwann (zur Beschleunigung des Spiels?) dazu entschied, eine Startaufstellung zu definieren, legte man also fest dass auf diesen wichtigen Punkten schon zu Beginn 5 Steine liegen sollten. Ein ganz ähnlicher Gedankengang führt zu der Annahme, dass die Steine auf der 6 dem rechten Spieler gehören (er spiele mit Schwarz), da diese dort wahrlich gut positioniert sind. Die Steine auf der 1 wiederum können wir getrost dem linken Spieler zuordnen (er spiele mit Weiß), denn fünf Steine auf der 1 und drei Steine auf der 6 wären eine denkbar schlechte Verteilung der Schwarzen. Zudem muss Weiß, wenn das bisher Gesagte stimmt, im Rennen recht weit zurückliegen, da er höchstens bereits vier Steine in seinem Haus haben kann. Bleiben noch neun Schwarze und sechs Weiße Steine zu verteilen. Allgemein erwarte ich, dass die Spieler bestrebt sind, Punkte im eigenen Haus mit zwei oder höchstens drei Steinen besetzen zu wollen. Auch würde es für Schwarz wenig Sinn ergeben, die Punkte 23 und 20 besetzen zu wollen. Daher schreibe ich die Steine auf 23 und 20 dem Weißen, die Steine auf 2 und 3 dem Schwarzen zu. Diese Zuordnung bestärkt meine Vermutung, dass Schwarz im Spiel die Nase vorn hat und den Weißen mehrfach am Herauslaufen gehindert hat. Um dies zu erreichen, muss er aber auch in seinem Außenfeld mehrmals zugeschlagen haben, weshalb ich ihm auch noch die Steine auf der 7 zurechne. Wenn ich das Bild 1 so ansehe, meine ich sogar zu erkennen, dass der rechte Spieler gerade im Schlagen begriffen ist. Den anvisierten Stein auf der 4 rechne ich also dem Weißen zu. Es bleiben noch drei Schwarze und ein Weißer Stein zu vergeben, die ich nur völlig willkürlich verteilen kann. Ich erhalte das Bild 3, worin der Kreis mit Pfeil anzeigt, dass Schwarz am Zug im Uhrzeigersinn spielt.

Rekonstruktion1

Bild 3: So könnte es aussehen.

Es sieht gut aus für den rechten Spieler (Schwarz). Umso erstaunlicher, dass er ebenso bedröppelt dreinschaut wie sein Gegenüber. Zumal der Ausschank den beiden Spielern weitere Freuden bereitzuhalten scheint.

 Links:

Erneut aufmerksam auf das Wurfzabelspiel wurde ich durch die beiden Spielbretter aus dem 13. Jahrhundert, die im Augustinerkloster in Freiburg aufgefunden wurden:

Tachte nard in Teheran

Im Januar war es soweit: Mein Antrittsbesuch beim neuen iranischen Teil meiner Familie in Teheran. Und wie besser sollte ich dem Stil der  iranischen Menschen Respekt erweisen, als indem ich Backgammon lerne?

Also fing ich schon Monate zuvor an, Backgammon zu üben und zu spielen. Da mich das Spiel fasziniert und ich gedenke, mich weiter und ausgiebig mit ihm zu befassen, habe ich mich entschieden, einen (meinen ersten) Blog aufzumachen und meine bescheidenen Erkenntnisse und Einsichten in das Spiel mitzuteilen. Wer immer Interesse an meinen blogs findet, ist hiermit herzlich eingeladen sich mit mir in Verbindung zu setzen und mich an seiner Meinung und Kritik teilhaben zu lassen.

Iraner sind verrückt nach Backgammon

Iraner sind verrückt nach diesem Spiel, das bei ihnen tachte nard (persisch: تخته نرد) heißt und von dem sie meinen, dass sie es selbst erfunden hätten. Die Parks in Teheran sind voll mit Backgammon spielenden Menschen (zumeist ältere Männer). Meist sieht das so aus, dass um die Spieler herum mehrere Zuschauer stehen und ohne Unterlass das Spiel kommentieren und einzelne Züge diskutieren. Ein Onkel meiner Frau rühmt sich damit, dass er seit seiner Pensionierung jeden Tag acht Stunden im Park verbringt um dort mit seinen Freunden Backgammon zu spielen.

2Spieler

Bild 1: In den Park hat man mich bei meinem ersten Besuch nicht gelassen. Zunächst musste wohl die Spielstärke des `Farhangi‘ abgecheckt werden. (Star Trek Fans aufgepasst: Europäer, die ja als erstes als Händler nach Persien kamen, werden dort farhangi genannt.) Dann eben im Privaten bei einer Dose alkoholfreien iranischen Biers.

Backgammon ist aber im Iran keineswegs ein Spiel für Alte. Nur spielen die Jungen eben nicht in Parks und auf öffentlichen Plätzen, sondern im Internet. Hierzu gesellt sich aber noch ein anderer, sehr wesentlicher Unterschied zwischen den Spielweisen der Generationen: Während die Jungen in Online-Matches und -Turnieren wie selbstverständlich mit dem Doppler spielen, gibt es nicht wenige Alte, die seit über 50 Jahren tachte nard spielen und vom Doppler noch nie auch nur gehört haben.

Spielen wie die Alten

Wurfzabel_Carmina_Burana

Bild 2: Ich zähle im Bild 34 Steine. Leider sind sie farblich nicht unterscheidbar, sodass mir eine Analyse der Stellung auch unter Berücksichtigung der vom modernen Backgammon abweichenden Regeln des Wurfzabel-Spiels nicht möglich ist.

Da ich zunächst von einigen Alten (bereits in Deutschland) in das Spiel eingeführt wurde, habe ich selbst bisher noch nie mit dem Doppler gespielt.  Vielleicht werde ich irgendwann mal damit anfangen, zurzeit aber spüre ich starke Vorbehalte gegen seine Verwendung. Jahrhunderte lang wurden backgammonähnliche Spiele (das duodecim scripta, trictrac, Wurfzabel, &c.)  ohne diesen vermaledeiten Würfel gespielt. (Das mittelalterliche Wurfzabel-Spiel  habe ich übrigens abgebildet gefunden in der Benedictbeurener Handschrift der Carmina Burana. Die im handschriftlichen Manuskript enthaltene Miniatur ist in wunderschönen Farben gehalten, im nebenstehenden Bild 2 ist sie als vereinfachte Strichzeichnung umgesetzt, und zwar nach der 1847 erschienenen Ausgabe von Johann Andreas Schmeller, dort Seite 247.)

Und soweit ich die Spieltheorie bis hierher überblicke, konnte wohl wirklich nur die Glücksspielindustrie auf die Idee eines solchen Würfels kommen! Jeder, der nur Interesse an einem interessanten, variantenreichen Spiel mit Freunden hat, hätte doch niemals Interesse an dem Dopplerwürfel!  Ich hoffe, in den nächsten blogs näher auf dieses meinerseitige Unbehaben in Bezug auf den Doppler eingehen zu können und mit Argumenten zu untermauern. Vielleicht lerne ich den cube dabei doch noch zu schätzen…

Was ist das Interessante an einem Backgammon-blog? Meiner Meinung nach drei Dinge:

  1. Analysen
  2. Historisches
  3. Zwischenmenschliches

Ich will also nicht lange drumherum schwurbeln, sondern mit einer kleinen Analyse beginnen.

1. … 1/7(2) 12/18(2) oder … 1/7 12/18(3)?

Während ich so meine ersten Züge machte (und ich habe sie sehr sehr sehr langsam gemacht. Top down statt speed up, anders als Thomas Koch es Anfängern in seinem blog rät, den ich damals freilich noch nicht kannte. Meinen „Lehrmeister“ hat meine Langsamkeit schlicht fertig gemacht) — während ich also meine ersten Züge machte, ergab sich, dass ich als Weiß mit einem 6er-Pasch eröffnen durfte (Schwarz hatte 4 und 3 gewürfelt und 1. 24/20 13/10  gespielt).

Position 1

Position 1: 1. 24/20 13/10. Spiele ich 1. … 1/7(2) 12/18(2) oder 1. … 1/7 12/18(3)?

Nun, meine Reaktion als ich den 6er-Pasch sah, war ganz klar: Ich spiele 1. …  1/7(2) und 12/18(2)!

Wie ich nun Monate später sehe, würde mein gnubg dasselbe spielen.  Er favorisiert diesen Zug und berechnet (3-ply ohne Doppler) eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 59%.

Mein iranischer Lehrmeister nun sagt mir zwar nicht, dass der Zug extrem schlecht sei, erkärt mir aber, dass er lieber 1. … 1/7 und 12/18(3) spiele. Sein Argument: Was soll man mit zwei Steinen auf der 18 anfangen? Klar, sie blockieren den Gegner in genau der richtigen Distanz beim Rausspielen. Aber mit dreien schaffe man sich viele Möglichkeiten, von der 17,18,19 aus sein Haus aufzufüllen. Dass er riskiert, auf der 7 geschlagen zu werden, sei ihm relativ egal. Denn 1. würde er nicht weit zurückgeworfen, 2. würde der schlagende Schwarze mutmaßlich recht entblößt auf der 7 liegen. Der Verlust des Schwarzen Steins auf der 7,  der schon zu dreiviertel ums Feld rum ist, würde Schwarz schwerer treffen als Weiß der Verlust der weißen 7. Einen weiteren Nachteil des Spiels 1. …  1/7(2) und 12/18(2), nämlich die geringe Beweglichkeit der beiden Weißen auf der 7, werden wir unten in meinem Selbstversuch erkennen.

Während mein Gegenüber persisch höflich ist und meinen Zug eben nicht mit „sehr schlecht“ bewertet, nimmt sich gnubg bei 1/7(1) 12/18(3) in seiner gewohnt rücksichtslosen Art eine sofortige Bewertung als sehr schlecht heraus. Farhangi-Stil. (Siehe auch mein post scriptum unten.)

Ich habe mir den Spaß erlaubt, je 3 mal gegen den grandmaster gnubg mit beiden Eröffnungsvarianten (im Folgenden A und B genannt) zu spielen — mein eigenes kleines rollout. (Zum Thema rollouts komme ich hoffentlich zurück, wenn ich auch auf den cube komme.) Ich habe manuelle Würfel benutzt.

Die sechs Partien habe ich übrigens hier abgelegt: A1, A2, A3, B1, B2, B3.

ZugA

Variante A: 1. … 1/7(2) 12/18(2)

ZugB

Variante B: 1. … 1/7 12/18(3)

mini rollout

Variante A: Natürlich lässt sich mit dieser kleinen Stichprobe keine Statistik machen, aber schon die erste Partie mit Variante A (Partie A1) zeigt mir, was sich in den weiteren Partien bestätigt: Mit 1. … 1/7(2) 12/18(2) wird es schwierig, mit den beiden Steinen auf der 7 vorwärts zu kommen. Es wäre mir lieber gewesen, beim Gegner noch länger einen sprichwörtlichen Stein im Brett zu haben als schon zu Beginn die Bude zu räumen.Klar ist es schön, wenn ich Schwarz lange Zeit auf seiner Fußmatte stehe und ihm das Hereinspielen ein wenig erschwere. Aber meine beiden Steine werden sehr unbeweglich und ich bin in meiner Entscheidung, wann ich sie bewege, sehr abhängig vom gegnerischen Spiel (und vom Wurfglück, besonders deutlich erkennbar am 5er-Pasch in der zweiten Partie A2). Mit Wurfglück (einige gute Würfe im Spiel und einmal Riesendusel beim Herausspielen) gewinne ich dennoch, sogar dreifach, was mir eigentlich nie passiert. Das Glück des  blogger-beginners.

Partie A2 verläuft unspektakulär. Mit dem erwähnten 5er-Pasch habe ich das Wurfglück, das notwendig ist, um schon früh meine Soldaten auf der 7 in Marsch zu setzen.

In der dritten Partie A3 entscheide ich mich tatsächlich nach einem Wurf 5 6, zu laufen, werde prompt unglücklich geschlagen, eingemauert und verliere deutlich. Es ist also wohl keine gute Idee, sich verfrüht auf den Weg zu machen: Variante A verlangt Geduld.

Variante B: In der ersten Partie B1 mit der Variante 1. … 1/7(1) 12/18(3) entsteht schnell eine Spielsituation, die meinen Puls leicht ansteigen lässt (bei den A-Partien war ich deutlich ruhiger). Ich werde geschlagen und finde mich früh mit 2 Steinen im gegnerischen Haus wieder. Dies ist genau das Risiko, dass diese Variante nun einmal mit sich bringt. Nun gilt es, den vor dem eigenen Haus gewonnenen Vorteil auszuspielen und dort dem Gegner das Leben schwer zu machen. Zum Glück kann ich in dieser Partie mit beiden Steinen im gegnerischen Haus die strategisch sehr günstige 5 besetzen. Insgesamt kommt mir die Partie offener vor, aber ich habe vor und in meinem eigenen Haus weniger Probleme mit dem Spiel als in den A-Partien. Als ich Schwarz im 7. Zug schlagen kann, bekomme ich das gute Gefühl, dass ich gewinnen werde, denn mein Spiel ist zu diesem Zeitpunkt entwickelter als das des grandmaster – ich kann von der 5 aus beruhigt sein Spiel beobachten. Zwei Paschs und einmal 6 und 5 für gnubg machen es noch einmal spannend, aber mit meinem 13. Zug und dem eigenen 5er-Pasch im 15. Zug ist der Drops gelutscht, wie man so schön sagt.

Auch in der zweiten Partie B2 geht der Stein auf der 7 sofort hops, und dann gleich noch einer hinterher. Das verspricht lustig zu werden. Nach 6 Zügen allerdings habe ich 3 Steine ums Feld herumzuspielen, der Gegner derer 5 (wenn er mich schlägt, schlägt er immer wieder dieselben Steine. Ich hingegen nehme immer weitere seiner Steine aus dem Spiel.) Zudem habe ich meine 3 Wächter auf meiner Schwelle stehen; seine Haustür steht offen. Vielleicht übertreibe ich es dann ein bisschen mit dem Risiko, aber ich komme heile durch die Schlacht. Ab Zug 12 stehen alle Zeichen auf Sieg, da möchte ich nicht in seiner Haut stecken. Und wieder ein Backgammon! (Ich sollte wohl nur noch im „blog-Modus“ spielen, so erfolgreich wie das hier läuft…).

Die dritte Partie B3 beginnt mit dem worst case. Schwarz kann  2. 13/7 10/7 spielen. Aber dass Variante B für unterhaltsame Spiele sorgt, habe ich nun verstanden. Im Haus kann ich leider nicht so schön spielen, wie ich gerne wollte. Der Vorteil der Steine auf der 18 macht sich nur kurz bemerkbar, ich stecke weitere Rückschläge ein und das Spiel zieht sich! Im 34. Zug geht meine letzte Hoffnung flöten und ich verliere. Wäre das mit Variante A wohl auch passiert?

Ergebnis

Nach Selbstversuch stelle ich folgende Behauptung auf: Die Variante B, 1. … 1/7 12/18(3), ist für  Spieler, die ihre Steine beweglich halten und ihre Spielidee aktiv voranbringen möchten. Diese Variante verspricht schon früh im Spiel gute Möglichkeiten des Spiels vor der eigenen Haustür. Variante A, 1. … 1/7(2) 12/18(2), hat den Vorteil, dass die beiden Steine auf der 7 dem Gegner in der Tat sehr unangenehm auf der Matte stehen. Sie sind dort aber auch blockiert, da „von hinten“ kein Backup zu erwarten ist wenn nicht ein eigener Stein geschlagen wird.

Wem das Erschweren des gegnerischen Spiels im Zweifelsfall wichtiger ist als eine aktive (und zumeist risikoreichere) Entfaltung der eigenen Spielidee, der sollte 1. … 1/7(2) 12/18(2) spielen. Ich jedenfalls überlege mir je nach dem Verlauf der vorherigen Partien und nach Bauchgefühl sehr gut, ob ich nicht lieber 1. … 1/7 und 12/18(3) spiele. Mehr Spaß macht mir diese Variante fast immer, und das sollte beim Backgammon nun einmal im Vordergrund stehen.

post scriptum: gnubg und seine Bewertungen

Zum unhöflichen und überheblichen Bewertungs-Stil meines gnubg: Ich verwende die default-Bewertungseinstellungen und 3-ply Analyse ohne Doppler. Man mag mir vorwerfen, übersensibel zu sein, aber ich habe den Eindruck, dass mein Spiel umso häufiger mit awful! bewertet wird, je höher ich gewinne. Gegen den grandmaster gewinne ich im Durchschnitt von nunmehr über 100 archivierten Partien in zwei Dritteln der Fälle (wohlgemerkt — ohne Doppler) und er hält sich weiterhin für supernatural. Jeder normale Mensch würde seine Supranaturalität hinterfragen, wenn er ständig gegen awful! spielende Anfänger und Gelegenheitsspieler verlöre…